Selbstwahrnehmung verfeinern

Qigong

Zwei ältere Männer und eine ältere Frau betreiben verschiedene Meditationsübungen Zwei ältere Männer und eine ältere Frau betreiben verschiedene Meditationsübungen
Datum:
14. August 2024
Lesezeit:
4 min

In der Ruhe liegt die Kraft

Qigong ist ein moderner chinesischer Begriff für eine Vielfalt von Traditionen des kunstvollen Umgangs mit „Qi“, das so viel heißt wie Lebensenergie, Vitalität, Lebendigkeit und Beseeltheit. „Gong“ bedeutet beständiges Üben. Wer Qigong übt, verfeinert seine Selbstwahrnehmung und das Gespür für die eigene körperliche und psychische Befindlichkeit.

Qigong ist ein Bestandteil der jahrhundertealten chinesischen Medizin, die auf Erfahrungswissen beruht und der Vorbeugung von Krankheiten besondere Bedeutung beimisst. Sie betont damit auch die Eigenverantwortung des Einzelnen für sein Wohlergehen.

Wechselwirkung von Körper und Psyche

Nach chinesischer Lehre werden durch die Qigong-Übungen die Meridiane durchlässig, in denen das Qi fließt. Blockierungen lösen sich. Und da die Meridiane mit den Organen verbunden sind, kann man durch gezielte Übungen auch unser Organsystem beeinflussen. Wenn ein Organ krankhafte Symptome zeigt, kann die Ursache dafür durchaus in einem anderen Organ oder Organsystem liegen. Wir haben es also hier mit einer ganzheitlichen Sicht von Gesundheit und Krankheit zu tun, einer Sicht, der sich die westliche Schulmedizin langsam öffnet. Die chinesische Medizin arbeitet seit Jahrhunderten mit Annahmen, die in der Medizin des Westens erst in jüngster Zeit durch eine entsprechende wissenschaftliche Untermauerung übernommen wurden: Die Regulierung der Körperspannung bewirkt ausgeglichene Stimmung und die sanfte Beruhigung des Geistes wirkt auf die körperliche Befindlichkeit. Qigong umfasst die Wechselwirkung von Soma (Körper) und Psyche (Geist, Gemüt). Vorstellungskraft, Atmung und Bewegung bilden gemeinsam einen Wirkungszusammenhang. Auf der Ebene des Geistes helfen Qigong-Übungen mit Stress-Situationen konstruktiv umzugehen und Gefühle und Emotionen zu regulieren. Deshalb ist Qigong zur aktiven Stressbewältigung besonders gut geeignet. Auf der körperlichen Ebene wirken sich die Übungen harmonisierend auf das vegetative Nervensystem aus, senken den Blutdruck und stärken die Immunabwehr.

Yin und Yang

Wer Qigong in seiner Komplexität verstehen will, sollte sich mit dem Konzept von Yin und Yang vertraut machen: dem Wechselspiel der Polaritäten. Yin und Yang bezeichnen immer eine Eigenschaft in Beziehung zu einer anderen, es gibt kein striktes „Entweder – Oder“, sondern einen stetigen Prozess der Veränderung. Yin bezeichnet die im Schatten liegende Seite des Berges, Yang die von der Sonne beschienene Seite. Was morgens im Schatten liegt, wird abends von der untergehenden Sonne beschienen.

Gleichgewicht und Harmonie

Sind Yin und Yang im Gleichgewicht, herrscht Ordnung und Harmonie, dann ist der Mensch gesund. Gesundheit ist also keine statische Größe, sondern immer ein strömender Prozess, ein ständiges Pulsieren: Schlafen und Wachen, Arbeiten und Ruhen, Aktivität und Passivität, Essen und Fasten, in Gesellschaft sein und allein mit sich.

Rückkehr zur inneren Ordnung

Wenn wir uns unsere konkreten Lebensumstände anschauen, müssen wir feststellen, dass das Prinzip des Yang deutlich überwiegt. Die Schnelligkeit unseres Lebens, die Reizüberflutung, der Lärm, die permanente Erreichbarkeit weisen auf ein Übermaß an „Yang-Energie“ hin, was das Yin erschöpft und letztlich den Körper schwächt. Sind Yin und Yang aus dem Lot geraten, entsteht Unordnung und Disharmonie. Dann existiert kein freier Fluss mehr, sondern es gibt Blockaden und Störungen. Der Körper versucht zunächst aus eigener Kraft dieses Ungleichgewicht auszubalancieren, aber irgendwann sind die Selbstheilungskräfte erschöpft und Krankheit manifestiert sich.

Das Yin stärken

Um das Yin zu stärken, bedarf es der Ruhe, der Selbstwahrnehmung, der Kontemplation, der Versenkung, des Rückzugs aus der geschäftigen Welt. Nutzen Sie die Qigong-Übungen in diesem Sinne. Schon bald werden Sie „Ihre“ Qigong-Zeit nicht mehr missen wollen. Sie schaffen sich Inseln im Alltag, die Sie immer wieder gerne aufsuchen, vor allem weil Wirkungen täglich spürbar sind: Sie sind belastbarer, haben mehr Lebensfreude und Schwung, sind ausgeglichener. Sie werden auch feststellen, dass Heißhunger oder das Verlangen nach Alkohol oder Nikotin sich deutlich verringern. Sehr gut eignet sich Qigong auch für Kinder und Jugendliche, die so ihre Aufmerksamkeit steuern lernen. Ebenso beugt Qigong dem Burn-out vor. Achten Sie darauf, Lehrer zu finden, die Qigong in seiner Komplexität lehren, zum Beispiel über die Deutsche Qigong-Gesellschaft. Infos unter www.qigong-gesellschaft.de

Tipp: Qigong als Präventionskurs

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